Die Zukunft ist smart – auch für Hamburg. Die Hansestadt geht mit großen Schritten voran, um sich möglichst bald in eine Smart City zu verwandeln. Der Hafen ist als moderner Smart Port bereits weltweiter Vorreiter in Sachen Digitalisierung und auch in vielen anderen Bereichen wird an der Elbe eifrig digitalisiert und technisiert. Was Hamburg an zukunftsträchtigen Innovationen alles zu bieten hat, lesen Sie in der Titelgeschichte des neuen club! Magazins, der Kundenzeitschrift des Business Club Hamburg.
Im Interview erzählt Schauspielerin und Bella Block-Darstellerin Hannelore Hoger von ihrer Karriere und der wichtigsten Rolle ihres Lebens und beschreibt die Tücken der digitalen Welt. Das Interview können Sie weiter unten hier auch online lesen.
Weitere Themen im Heft: „Quiet Leadership“ ist ein neuer Trend unter Führungskräften und das aktuelle Thema in der Rubrik „Wissen“. Bei „Gourmet & Genuss“ zaubert Business Club-Küchenchef Nils-Kim Porru zusammen mit dem Präsidenten der TU Hamburg, Prof. Garabed Antranikian ein aus zwei Welten inspiriertes Geflügelcurry.
Lesen Sie hier die Geschichten aus dem aktuellen club!-Magazin
„Komplizierte Menschen sind keine Schoßhündchen“
club!: Frau Hoger, Ihre Krimis mit der Ermittlerin Bella Block laufen immer noch regelmäßig im Fernsehen – bis zu 16-mal im Monat. Wie finden Sie das?
Hannelore Hoger: Schön, aber meistens gibt es kein Wiederholungshonorar. Das ZDF will die Figur in den Köpfen der Zuschauer halten, weil wir noch ein bis zwei Folgen drehen wollen. Im Herbst soll es losgehen.
Das ist für ihre vielen Fans eine gute Nachricht. Für Sie auch?
Es gibt hoffentlich auch noch ein langes Leben nach Bella Block. Die Fans mögen die Figur und das kann ich nicht negativ finden.
Die Rolle lässt sie nicht los.
Mit der Rolle der Bella Block bin ich populär geworden und konnte mir mit dem verdienten Geld ein kleines finanzielles Polster zulegen. Aber ich war über 25 Jahre an großen Theatern engagiert. Da habe ich meinen Beruf erlernt. Und ich hatte das Glück, mit großen Regisseuren zu arbeiten.
Aber wenn Sie heute mit dem Rad durch Ottensen fahren, dann sagen die Leute: Da fährt Bella Block.
Das liegt, wie Thomas Bernhard sagen würde, in der Natur der Sache. Bella Block sehen an einem Abend bis zu sieben Millionen Menschen. Wenn sich die Leute das ein paar Mal anschauen, läppern sich die Millionen zusammen.
Ist diese Rolle für Sie Fluch oder Segen?
Ich kann nicht von einem Fluch reden. Warum sollte ich?
Weil die Menschen Sie auf Bella Block reduzieren.
Nein, das tun sie gar nicht, und ich tue es auch nicht. Ich spiele ja auch andere Sachen. Ich habe jetzt zum Beispiel in dem wirklich sehr gelungenen Kinderfilm „Heidi“ gespielt. Die Figur kennt man auf der ganzen Welt. Wenn man in solch einem Film eine kleine Rolle spielt, sehen das auch eine Menge Menschen. Bella Block ist für mich also kein Fluch, sondern ein Glücksfall. Es ist eine gute Rolle. Ich liebe sie. Natürlich könnten sie im Fernsehen auch mal schöne alte Filme oder Theateraufzeichnungen zeigen. Da bekämen die Leute einen anderen Eindruck von einem Schauspieler. Aber heute geht es ja immer nur um die Einschaltquoten. Dieses Quotengesabbel – furchtbar!
Sie stehen auch noch regelmäßig im Theater auf der Bühne …
Nein, nicht regelmäßig. Ich scheue inzwischen die Textmengen.
Gehen Sie eigentlich gern ins Theater?
Ja. Ich gehe oft und gern ins Theater. Ich gehe auch gern ins Kino und schaue mir alle deutschen Filme an. Wir haben gerade tolle weibliche Regietalente.
Sind Sie besonders kritisch mit Ihren Kollegen?
Ich gehe aus Freude und Interesse ins Kino oder Theater und nicht, um Kollegen zu kritisieren. Wenn mir ein Stück gar nicht gefällt, verziehe ich mich heimlich still und leise. Es muss ja nicht immer allen alles gefallen. Was haben die Leute über Picasso gesagt? „Hat der Mann einen Vogel? Was soll das denn?“ So war das. Kunst ist meistens der Zeit voraus. Als wir mit Peter Zadek an der Berliner Volksbühne gastiert haben, wurden wir beim König Lear angespuckt. Zadek ging mit der Mistgabel an die Rampe und stellte sich vor sein Ensemble. Das war eine wunderbare Erfahrung.
Gibt es eine besondere Rolle, die Sie noch einmal spielen möchten?
Shakespeare immer. Ganz egal welche Rolle. Eine meiner Lieblingsrollen war der Narr in Shakespeares Lear. Shakespeare bietet einfach so viel. Inzwischen muss ich mir die Rollen aussuchen, die zu meinem Alter passen. Da wird es schon enger.
Wie ist das bei Ihnen: Muss man Sie zu einem neuen Projekt überreden oder haben Sie einfach den inneren Antrieb, arbeiten zu wollen?
Ich habe keine Langeweile. Ich habe meine Karriere hinter mir und möchte keinen ständigen Druck mehr haben. Wann soll ich mich erholen von meinem ganzen Leben, wenn nicht jetzt? Aber es macht mir Spaß, mit guten Partnern zu arbeiten. Wissen Sie, wie wir Schauspieler Textbücher lesen? Wir sind wie Trüffelschweine und suchen nach guten Szenen und denken, wer dabei unser Partner sein könnte. Ich bin ja in der komfortablen Lage, dass ich Dinge, die ich nicht tun will, auch nicht tun muss. Viele gute Schauspieler müssen arbeiten, damit sie ihre Miete bezahlen können. Es sieht nicht für alle gut aus in unserem Beruf.
Werden Schauspieler zu schlecht bezahlt?
Freischaffende Künstler haben es schwerer als diejenigen, die fest beim Film oder Theater engagiert sind. Manche haben nur drei Drehtage im Jahr. Davon kann nun wirklich kein Mensch leben.
Ihr Kollege Ulrich Tukur sagt, dass er mit seiner Rolle als Tatortkommissar Felix Murot soviel Geld verdient, dass er sich Projekte leisten kann, die ihm am Herzen liegen, aber nur ein winziges Budget haben.
Ja, genau so ist es. Und diese Freude bei der Arbeit überträgt sich auch aufs Publikum.
Warum sind Sie eigentlich Schauspielerin geworden?
Weil ich es wollte. In meinem Inneren ist vieles, das nach draußen muss. Mit 14 Jahren habe ich dem Oberschuldirektor auf seine Frage, was ich einmal werden möchte, geantwortet: Schauspielerin. Mit 17 war ich auf der Schauspielschule, mit 19 hatte ich mein erstes Engagement.
Was haben denn Ihre Eltern dazu gesagt?
Ich hatte wunderbare Eltern. Wir waren vier Kinder und alle haben das gelernt, was sie wollten.
Haben sie bei Ihnen nicht gesagt: Lern’ doch erstmal etwas Anständiges?
Ich habe ja etwas Anständiges gelernt. Ich bin doch nicht Immobilienmakler geworden.
Was macht den Reiz des Berufes aus? Die Möglichkeit, immer in eine andere Rolle zu schlüpfen?
Auch, ja. Ein Teil von mir ist immer dabei. Der Maler hat seine Leinwand, der Musiker sein Instrument, der Schauspieler hat sich. Er ist sein eigenes Instrument.
Sie sind ja nicht nur Schauspielerin, sondern malen und schreiben auch. Wie drücken Sie sich am liebsten aus?
Als Schauspielerin; ich glaube, das kann ich am besten. Alles andere sind nur Hobbys. Ich male, weil es mir Spaß macht und um abzuschalten.
Was für Bilder malen Sie?
Ich will nicht darüber reden. Das ist mir peinlich.
Wenn sich die Hannelore Hoger mit 20, 40 und 60 Jahren heute treffen würden, würden die sich verstehen?
Ich glaube schon.
Was könnten die drei voneinander lernen?
Willen, Mut, Freude, Leben, Liebe, lernen und neugierig sein.
Was würde die Ältere den Jüngeren sagen?
Ich würde sagen: Wenn man keine Fehler macht, wächst man nicht. Wenn man immer alles richtig machen muss, wie will man dann den Unterschied feststellen, wie es anders ist? Wenn man zu vorsichtig ist, springt man nie ins Wasser. Ich würde sagen: reinspringen und Schwimmen lernen.
Ist es in der Schauspielerei leichter, etwas über andere Menschen zu lernen, als in anderen Berufen?
Das weiß ich nicht. Man sollte seinen Beruf lieben. Die Autorin Agatha Christie zum Beispiel hatte ihre Vorbilder in der Familie. Sie ist gewachsen durch ihre Rückschläge in der ersten Ehe. Man muss das Leben annehmen. Das finde ich gut. Wenn man zu schüchtern ist und sich nichts traut, schadet das oft nur. Und man muss dem Neid und Hass von anderen standhalten.
Sind Sie ein Menschenfreund?
Ja, aber wenn man sich die Welt ansieht, kann man schon an den Menschen verzweifeln. Ich verstehe diesen Hass und die Gewalt nicht. Wie furchtbar muss es sein, wenn ein Mensch sich ununterbrochen mit seinem Hass beschäftigt und davon aufgefressen wird.
Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft?
Mein Lebenszeit neigt sich. Möchten Sie noch einmal die furchtbare Zerstörung durch eine Atombombe erleben? Oder eine Welt, in der es nur noch um Hass und Zerstörung geht?
Haben Künstler aufgrund ihrer Popularität die Verpflichtung, sich für die Gesellschaft zu engagieren?
Ich finde schon. Wenn jemand etwas sagen und bewirken kann. Künstler haben auch eine Verantwortung. Die sollten sie, wenn sie können, wahrnehmen.
Sie sagen, als Künstler hat man eine Verantwortung. Hatten Sie dieses Gefühl auch schon, als Sie Ihren Beruf als Schauspielerin begonnen haben?
Ich bin nicht ans Theater gegangen und habe gesagt: Jetzt will ich Verantwortung für die Menschen übernehmen. Ich war viel zu jung und konnte nicht einmal Verantwortung für mich selbst übernehmen. Ohne meine Eltern hätte ich es gar nicht meistern können. Ich hatte Glück, dass ich an gute Leute geraten bin. Das hat nicht jeder.
Wer sind die Helden Ihrer Karriere?
Letztlich alle, mit denen ich gearbeitet habe wie zum Beispiel Augusto Fernandes, Alexander Kluge, Peter Zadek, Wilfried Minks oder Egon Monk. Diese Menschen haben etwas in mir gesehen, haben immer zu mir gehalten und dadurch habe ich viel gelernt. Ohne sie wäre ich jetzt ein trauriges Hannelörchen.
Woran merkt man, wenn man einen Kollegen trifft, mit dem die Arbeit eine besondere Dimension erreicht?
Diese Leute haben eine Affinität zu Menschen. Jeder auf seine Art. Man lernt sich kennen und merkt, dass man eine gemeinsame Sprache spricht. Mit Fernandes beispielsweise haben wir sehr viel improvisiert und ich habe mich freigeschrien. Wir haben zusammen Projekte gemacht, die eigene Geschichten erzählt haben. Haben freie Stücke gespielt und alles gleichberechtigt miteinander gemacht. Bei ihm habe ich mich befreit. Mehr als woanders.
Über Peter Zadek hat man gesagt, er sei despotisch gewesen und hätte den Schauspielern seinen Willen aufgezwungen.
Alles Quatsch. Peter Zadek war ein großartiger Regisseur. Wir vermissen ihn. Zu mir war er nie despotisch. Jeder weiß, dass die Gerüchteküchen aus Mücken Elefanten brauen und dass komplizierte Menschen keine Schoßhündchen sind. Wir haben uns auch furchtbar verkracht, aber gottseidank wieder vertragen.
Wie sind Sie eigentlich selbst als Regisseurin?
Streng. Regie führen ist schwer. Sie müssen mit den ganzen Hammelbeinen, die sie vor sich haben, vorsichtig umgehen. Schauspieler sind Mimosen, aber ich glaube, ich habe niemandem geschadet, sondern ihnen genützt. Die Aufführungen waren alle erfolgreich.
Wenn Sie Texte schreiben oder Manuskripte bearbeiten, machen Sie das per Hand oder am PC?
Ich habe keinen Computer. Die sind mir viel zu kompliziert. Ich habe ein iPad, und das macht mich schon wahnsinnig. Da drückt man einmal auf den falschen Knopf und alles ist weg. Dann könnte ich es gegen die Wand schmeißen. Wenn ich schreibe, dann meistens mit der Hand.
Ist diese neue digitale Welt nichts für Sie?
Sie ist mir nicht geheuer. Ich bin selten im Internet, und ich bin auch nicht auf Facebook aktiv. Ich habe davon keine Ahnung. Aber ich lerne es jetzt mit einem Lehrer – ganz langsam.
Und wie steht’s mit SMS-Nachrichten? Können Sie mit dem Handy simsen?
Natürlich kann ich simsen. So blöd bin ich auch nicht. Man hat mir zweimal das Handy geklaut, das fühlte sich im ersten Moment an, als hätte ich den Anschluss an die Welt verloren. Aber dann habe ich mich wieder beruhigt.
Sie leben immer schon in Hamburg. Wenn Hamburg eine Film- oder Theaterrolle wäre, was wäre das für eine Rolle?
Hamburg hat zwei Flüsse. Die Elbe und die Alster. Ich gehe oft an der Elbe spazieren. Sie hat immer ein anderes Gesicht. Der Fluss wirkt großzügig und lebendig mit seinen riesigen Schiffen – das Tor zur Welt eben. Die Alster ist eher zierlich und kapriziös. Auf ihr fahren Alsterdampfer und Segelschiffe und sie hat lauschige Ecken.
Sind Sie eher der Elbe- oder Alster-Typ?
Ich mag die Elbe. Die Alster ist auch schön. Die Elbe ist der Mann, die Alster die Frau und zusammen sind sie ein tolles Paar.
Das Interview führten Andreas Eckhoff und Achim Schneider.